Freitag, 1. Juli 2011

Der seltsame Fall des Benjamin Buttons ...

Unser Lebenslauf ist bekannt. Wir kommen auf die Welt als komplett hilfslose Babys, unfähig ohne fremde Hilfe zu überleben. Wir werden zu Kindern und verbringen mehr und mehr Zeit getrennt von unseren Eltern, treffen mehr oder weniger wichtige Entscheidungen alleine und werden unabhängig. Nach dem Schulabschluss ziehen wir dann irgendwann aus; die Eltern besuchen einen vielleicht noch ab und zu, schicken Geld oder Klamotten, aber der Kontakt nimmt ab bis wir irgendwann auf eigenen Beinen stehen und komplett unabhängig sind. Der normale Lauf der Dinge.

Bei unserer Beziehung mit Gott ist es interessanter Weise genau umgekehrt. Wer nicht christlich erzogen wurde und einen Teil seines Lebens ohne ihn gelebt hat kann das jetzt am ehesten nachvollziehen: Wir starten als „Erwachsene“ – komplett eigenständig und scheinbar unabhängig – Gott? Wer braucht den schon? Der Rückschritt beginnt. Wir lernen Gott kennen, er tritt gelegentlich in unser Leben – bringt Geld und Klamotten vorbei – und geht wieder. Wir beten wenn wir krank sind, gehen sonntags in den Gottesdienst usw. … Dann kommt der Schulabschluss – die Taufe – und der Einzug bei den Eltern – Gott zieht in unser Leben ein. Man wohnt jetzt zwar unter demselben Dach, hat dadurch mehr Kontakt, aber viel zu bedeuten hat das noch nicht. Oft sind wir wie Teenager – kommen von der Schule nachhause und verbarrikadieren uns erst mal in unserem Zimmer. Man sieht sich zum gemeinsamen Essen und auf dem Flur. Manchmal kommt es zu Diskussionen mit Themen wie „Ich bin erwachsen, kann das alleine!“, „Bevormunde mich nicht ständig!“, „Du kannst mir gar nichts vorschreiben!“ Doch wir werden jünger und die Beziehung wird intensiver. Wir werden abhängiger von unseren Eltern. Sie kennen unseren Tagesplan, wissen wie es uns geht, sind bei uns wenn wir krank sind, kennen unsere Freunde und unsere Kleidergrößen, sie begleiten uns überall hin, sind 24/7 für uns da - sie kennen jedes kleinste Detail von uns. Und irgendwann stecken wir wieder in den Windeln. Komplett abhängig von Mama und Papa. Ohne sie geht nichts. Ihre Aufmerksamkeit, Fürsorge und Liebe halten uns am Leben. Ohne sie gäbe es mich nicht.

Ich möchte nicht sagen, dass „wahre Christen“ (haha – was für eine Bezeichnung) ohne Gott nichts machen (können). Diese Leute wissen viel mehr, dass ihr Leben von Gottes Gnade abhängt – von seinem Willen. Ich lebe, weil Gott es so will, weil Gott sich die Mühe macht. Das ist nicht selbstverständlich. Gott hat uns nicht nötig.

Vielleicht löst dieser Vergleich in dir Jubel aus. Vielleicht aber auch Widerstand. Vielleicht hilft er dir aber auch deine Vergangenheit im Glauben zu reflektieren, deine Gegenwart zu verstehen und deiner Zukunft eine Richtung zu geben …